Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln bei der diagnostischen Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 321. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 22./23. September 2022
Bekanntmachung im BAnz AT 27.04.2023 B5
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- Publikation "Use of patient contact shielding in the diagnostic application of X-rays in humans" Herunterladen EN PDF, 416KB, barrierefrei/barrierearm
Information
Wann sind bei Röntgen-Untersuchungen Schutzmittel für Patientinnen und Patienten notwendig und sinnvoll?
Warum ist das Thema wichtig?
Die Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln (z. B. sogenannten Bleischürzen) bei Röntgen-Untersuchungen bringt in vielen Fällen keinen Nutzen. Manchmal sorgen sie sogar für eine unnötige Erhöhung der Dosis.
Welche Fragen werden behandelt?
- Ist die Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln bei Röntgen-Untersuchungen nach heutigem Wissensstand noch sinnvoll?
- In welchen Fällen sollten Patienten-Strahlenschutzmittel noch zum Einsatz kommen?
- Welche Fehlerquellen gibt es bei der Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln?
Was sind die Kernaussagen der SSK zu diesem Thema?
- Für den Einsatz von Patienten-Strahlenschutzmitteln hat die SSK drei Empfehlungsgrade mit einem Ampelmodell entwickelt. Patienten-Strahlenschutzmittel sollten diesen Empfehlungsgraden folgend eingesetzt werden. Abweichungen von den Empfehlungen sollten begründet und dokumentiert werden.
- In der CT sollte für oberflächennahe Organe (z. B. Augenlinse, Schilddrüse, Brust) eine sektorielle Röhrenstromabsenkung verwendet werden, sofern sie vorhanden ist. Damit wird die Dosis für die Patientinnen und Patienten reduziert.
- Bei der Fluoroskopie sollten Patienten-Strahlenschutzmittel nicht im oder nahe am möglichen Strahlengang angewendet werden.
- Die Anwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln sollte mit Medizinphysik-Expertinnen und -Experten abgestimmt werden. Ihre Empfehlungen sollen beachtet werden. Das gilt auch für die Empfehlungen der Gerätehersteller.
- Bei Kindern (Personen bis 18 Jahre) und Schwangeren sollte das höhere Risiko, das mit einer Strahlenexposition verbunden ist, bei jeder Entscheidung beachtet werden.
Abstract
Der mit Abstand größte Teil der zivilisatorischen Strahlenexposition der deutschen Bevölkerung wird durch Untersuchungen mittels diagnostisch angewandter Röntgenstrahlung verursacht. Der Einsatz von Patienten-Strahlenschutzmitteln kann bei ausgewählten Untersuchungen eine sinnvolle Komponente beim Schutz von Patient*innen darstellen.
Seit Verabschiedung der SSK-Empfehlung „Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln bei röntgendiagnostischen Anwendungen“ im Jahr 2018 wurden Art und Anwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln (contact shielding) international allerdings diskutiert, da der nicht-adäquate Einsatz von Patienten-Strahlenschutzmitteln zu einer verminderten Schutzwirkung oder sogar zu einer Dosiserhöhung führen könnte.
In der Folge wurden von internationalen Fachgesellschaften und Behörden/Gremien entsprechend Empfehlungen zum Einsatz der Strahlenschutzmitel in letzter Zeit modifiziert.
Daher hat das Bundesumweltministerium in einer Beratungsanfrage an die Strahlenschutzkommission (SSK) darum gebeten, die bestehende Empfehlung der SSK zum Einsatz von Patienten-Strahlenschutzmitteln aus dem Jahr 2018 zu überarbeiten und dabei aktuelle Erkenntnisse über Konsequenzen aus dem Einsatz von Schutzmitteln einfließen zu lassen. Dabei sollte der Maßstab für den sinnvollen Einsatz sein, ob es unter Berücksichtigung des Standes der Technik mit angemessenem Aufwand möglich ist, die Strahlenexposition außerhalb des diagnostisch relevanten Bereichs relevant zu reduzieren. Insbesondere sollten in der Empfehlung die Besonderheiten der verschiedenen Untersuchungstechniken unter Einsatz von Röntgenstrahlung (wie z. B. Computertomografie (CT), zahnmedizinische Röntgenverfahren, radiologische Interventionen) einbezogen werden, ebenso die Untersuchung verschiedener Körperteile sowie die besonderen Schutzerfordernisse bestimmter Patientengruppen, z. B. Patient*innen mit erhöhter Strahlensensibilität, Kinder oder Schwangere.
In dieser überarbeiteten Fassung ihrer Empfehlung aus dem Jahr 2018 hat die SSK ihre Empfehlungen weitgehend an das Konsensuspapier der EU angepasst, jedoch keinen generellen Verzicht auf Patienten-Strahlenschutzmittel empfohlen. Um dem Anwender die Entscheidung hinsichtlich der Verwendung von Patienten-Strahlenschutzmitteln zu erleichtern, wird ein Konzept mit drei Empfehlungskategorien eingeführt und die Möglichkeiten zur Dosiseinsparung werden für die verschiedenen Untersuchungen sowie ggf. für unterschiedliche Personengruppen dargestellt und erläutert.