Anforderungen an die Rechtfertigung individueller Früherkennungsuntersuchungen mit ionisierender Strahlung
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 208. Sitzung der SSK am 11./12. Juli 2006
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Abstract
In Deutschland besteht, wie in anderen industrialisierten Ländern, ein zunehmendes Interesse vieler Menschen an der Krankheitsfrüherkennung, woraus sich eine Inanspruchnahme von Untersuchungen unter Anwendung ionisierender Strahlung ergeben kann.
Deshalb hat sich die Strahlenschutzkommission mit dem Thema befasst und folgende Feststellungen getroffen:
Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und die Röntgenverordnung (RöV) fordern bei einer Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen in der Heilkunde in jedem Fall eine rechtfertigende Indikation, d.h. eine Überprüfung durch den anwendenden Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz, dass der gesundheitliche Nutzen einer Anwendung gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Wenn der Patient Symptome angibt, die Ausdruck einer damit bereits klinisch manifesten Erkrankung sein können, ist die Anwendung diagnostischer Verfahren entsprechend der rechtfertigenden Indikation erforderlich.
Organisierte Reihenuntersuchungen mit ionisierender Strahlung an großen Personengruppen mit Einladungsverfahren (Screening) bedürfen einer Zulassung durch die obersten Landesbehörden. Derartige Programme werden in Deutschland derzeit für das Brustkrebs-Screening von Frauen zwischen 50 und 69 Jahren mittels Röntgenmammographie eingeführt.
Individuelle Früherkennungsuntersuchungen können nach Auffassung der Strahlenschutzkommission nur unter Berücksichtigung der folgenden Gesichtspunkte gerechtfertigt werden:
- Anamnese-Erhebung und ggf. körperliche Untersuchung,
- Erstellung eines individuellen Risikoprofils,
- ausführliche Aufklärung und Beratung über Nutzen, Risiken und unerwünschte Nebenwirkungen sowie ggf. notwendige Abklärungsdiagnostik,
- Schwere und Verlauf der vermuteten Erkrankungen sowie Möglichkeiten der validen Diagnostik und Therapie,
- höchste Qualitätsanforderungen bezüglich Durchführung, Befundung und Festlegung des weiteren Ablaufs,
- umfassende Dokumentation der Maßnahmen,
- begleitende Evaluierung der Untersuchung.
Die Strahlenschutzkommission empfiehlt deshalb, dass individuelle Früherkennungsuntersuchungen ausschließlich auf der Basis von abgestimmten Leitlinien wissenschaftlicher Fachgesellschaften, die die o.a. Punkte berücksichtigen, durchgeführt werden.
Diese Empfehlung ist in Band 61 der Reihe "Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission" enthalten.
Die Regelungen der am 31. Dezember 2018 außer Kraft getretenen RöV (2003) wurden in die am 31. Dezember 2018 in Kraft getretene Neufassung der StrlSchV überführt.