Deutsches Mobilfunk-Forschungsprogramm

Stellungnahme der Strahlenschutzkommission

Verabschiedet in der 223. Sitzung der SSK am 13. Mai 2008
Veröffentlicht im BAnz Nr. 176 vom 19. November 2008

Abstract

Die Strahlenschutzkommission (SSK) hatte in ihrer Empfehlung „Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern“ (2001) offene wissenschaftliche Fragestellungen identifiziert und als eine der Vorsorgemaßnahmen die Intensivierung der Forschungsaktivitäten zur Klärung dieser Fragen empfohlen. Daraufhin beauftragte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm (DMF) durchzuführen. In den Jahren 2002 bis 2008 wurden insgesamt 54 Forschungsprojekte zu Fragestellungen aus den Themenbereichen Biologie, Epidemiologie, Dosimetrie und Risikokommunikation bearbeitet.

In der vorliegenden Stellungnahme bewertet die SSK die 36 zum Zeitpunkt der Beratungen abgeschlossenen Forschungsprojekte auf Basis der vorliegenden Abschlussberichte aus wissenschaftlicher Sicht in Hinblick auf die Eignung der ausgewählten Forschungsthemen, die wissenschaftliche Qualität der durchgeführten Arbeiten, den erzielten Erkenntnisgewinn zur Bewertung der gesundheitlichen Aspekte des Mobilfunks und im Hinblick darauf, ob Fragestellungen noch offen geblieben sind oder sich durch die zwischenzeitliche Entwicklung des internationalen Wissensstandes neu ergeben haben könnten.

Die Strahlenschutzkommission stellt fest, dass das Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der wissenschaftlichen Grundlage für die gesundheitliche Bewertung der Exposition durch die elektromagnetischen Felder des Mobilfunks und damit zur Risikokommunikation geleistet hat.

Auch wenn eine endgültige Bewertung des DMF erst nach Vorliegen der noch in Bearbeitung befindlichen Studien möglich ist, zeigen die bisherigen Ergebnisse, dass die ursprünglichen Befürchtungen über gesundheitliche Risiken nicht bestätigt werden konnten. Es haben sich durch die Forschungsergebnisse des DMF auch keine neuen Hinweise auf bisher noch nicht bedachte gesundheitliche Auswirkungen ergeben. In Übereinstimmung mit anderen internationalen Gremien (WHO, ICNIRP) kann festgestellt werden, dass die den bestehenden Grenzwerten zugrunde liegenden Schutzkonzepte nicht in Frage gestellt sind.

Aus der Sicht des Strahlenschutzes ist festzustellen, dass im Bereich biologischer Wechselwirkungen ein einziges Forschungsprojekt allein selbst bei herausragender Qualität nicht in der Lage sein kann, eine wissenschaftliche Fragestellung endgültig zu klären. In diesem Sinn ist es zu verstehen, dass trotz des Umstandes, dass die ursprünglichen Hinweise auf potenzielle gesundheitliche Wirkungen des Mobilfunks nicht bestätigt wurden, noch Forschungsbedarf gegeben bleibt.

Während für die gesundheitliche Bewertung akuter Expositionen aus biologischer Sicht bereits vielfältiges Datenmaterial vorliegt, ist für die Bewertung länger anhaltender bis lebenslanger Expositionen noch Forschungsbedarf gegeben, der besonders im Hinblick auf potenzielle Langzeiteffekte zu sehen ist. Offene Fragen ergeben sich auch bezüglich der Exposition von Föten und Kindern sowie potenzieller Auswirkungen auf Kognition, Befindlichkeit und Schlaf.

Die weiterhin dynamische Entwicklung neuer Funktechnologien und die Nutzung neuer Frequenzen und Übertragungsformen lassen darüber hinaus ebenfalls eine begleitende Forschung, Immissionskontrolle und Expositionsbeurteilung als sinnvoll erscheinen.

Es wird Aufgabe der SSK sein, die Ergebnisse des DMF nach Vorliegen der Ergebnisse aller Projekte auch unter Einbeziehung der zwischenzeitlich erarbeiteten wissenschaftlichen Literatur und der Ergebnisse anderer nationaler Forschungsprogramme in eine aktuelle Gesamtbewertung einzubinden.

Die Stellungnahme ist in Band 67 der Reihe Veröffentlichung der Strahlenschutzkommission enthalten.