Langfristige Sicherung und Ausbau der Kompetenz auf dem Gebiet der Strahlenforschung und ‑anwendung in Deutschland – Maßnahmenkatalog Kompetenzerhalt
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 327. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 11./12. September 2023
Bekanntmachung im BAnz AT 06.12.2024 B6
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Information
Bedeutsam im Alltag, aber nicht mehr gesichert: Die Kompetenz im Strahlenschutz und in der Strahlenforschung in Deutschland
Warum hat sich die SSK mit dem Thema befasst?
Die kommerzielle Nutzung der Kernenergie ist in Deutschland beendet. Trotzdem ist Strahlenforschung wichtig: Sie ist die Grundlage für einen erfolgreichen Strahlenschutz, der immer gewährleistet sein muss, wenn Menschen Strahlung ausgesetzt sind (z. B. in der Medizin, im Beruf, im Alltag). Zum Beispiel verwenden und erzeugen zahlreiche technologische Neuentwicklungen ionisierende und/oder nichtionisierende Strahlung. In diesen Fällen müssen etwaige Strahlenwirkungen bekannt sein und bewertet werden, damit sie im Strahlenschutz berücksichtigt werden können.
Mit ionisierender und nichtionisierender Strahlung befassen sich verschiedenste Fachgebiete. In vielen dieser Fachgebiete ist aktuell der Erhalt der Kompetenz im Strahlenschutz und in der Strahlenforschung in Deutschland bedroht.
Welche Fragen werden behandelt?
- Welcher Bedarf an Kompetenz im Strahlenschutz und der Strahlenforschung besteht in Deutschland?
- Wie ist die Arbeitsmarktsituation und die Ausbildungssituation im Strahlenschutz und in der Strahlenforschung in Deutschland?
- Welche Stärken und welche Schwächen erkennt die SSK in der deutschen Strahlenforschung? Welche Chancen und welche Risiken entstehen daraus?
- Welcher Maßnahmen bedarf es, um die Kompetenz im Strahlenschutz und der Strahlenforschung in Deutschland zu erhalten und auszubauen?
Was sind die Kernaussagen der SSK zu diesem Thema?
- Der Bedarf an Kompetenz im Strahlenschutz und der Strahlenforschung ist nach wie vor hoch. Fachkräfte mit Expertise in Strahlenforschung oder Strahlenschutz werden in vielen Bereichen gesucht.
- Die Strahlenforschung in Deutschland zeichnet sich durch hohe wissenschaftliche Qualität, hohe Interdisziplinarität und ausgeprägte Kooperationsfähigkeit aus. Sie ist aber zu wenig sichtbar und ihre gesellschaftliche Bedeutung wird unterschätzt.
Abstract
In einem Beratungsauftrag vom 11. November 2020 bittet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) die SSK, die Frage beantworten, „wer zukünftig in Deutschland noch die Möglichkeit haben wird, Grundlagenforschung im Strahlenschutz zu betreiben, und welche Maßnahmen zur Förderung der Strahlenforschung ergriffen werden können“ mit dem Ziel, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen „durch dessen Umsetzung die Forschung im Bereich ionisierender und nichtionisierender Strahlung in Deutschland gestützt und die Kompetenz langfristig gesichert werden kann“.
In Folge dieses Beratungsauftrags erarbeitete eine Arbeitsgruppe der SSK im Jahr 2021 zunächst eine Stellungnahme, die als erster Schritt bei der Bearbeitung des Beratungsauftrags gedacht war. In dieser Stellungnahme identifizierte die SSK die wichtigsten wissenschaftlichen Disziplinen und Akteure in der Strahlenforschung. In der vorliegenden Empfehlung identifiziert die SSK in einem zweiten Schritt den Bedarf an Kompetenzerhalt und ‑förderung in diesen Disziplinen, analysiert Stärken und Schwächen der Strahlenforschung in Deutschland und macht Vorschläge für Maßnahmen zur langfristigen Sicherung und zu einem weiteren Ausbau der Kompetenz.
In diesem Zusammenhang versteht die SSK den Begriff Strahlenforschung immer in Bezug auf eine (auch langfristige) Relevanz für den Strahlenschutz, was auch entsprechende Grundlagenforschung zur Wirkung von Strahlung einbezieht. Wo immer Menschen erhöhter Strahlung ausgesetzt sind oder technologische Neuentwicklungen mit der Erzeugung und Verwendung von Strahlung einhergehen, ob ionisierend oder nichtionisierend, muss Strahlenschutz mitgedacht und u. U. weiterentwickelt werden.
Die SSK konzentriert sich in dieser Empfehlung auf den Kompetenzerhalt und -ausbau in der Ausbildung und Forschung, da es ohne entsprechend ausgebildetem Nachwuchs keine Kompetenz bei der Anwendung geben kann. Dies betrifft sowohl den Bereich der ionisierenden als auch der nichtionisierenden Strahlung (UV-Strahlung und Elektromagnetische Felder). Dabei ist sich die SSK der Tatsache bewusst, dass es auch Anwendungsbereiche (z. B. in der Strahlennotfallmedizin) gibt, die (infra-) struktureller Änderungen bedürfen, die jedoch in dieser Empfehlung nicht abschließend diskutiert werden.
Die Strahlenforschung in Deutschland genießt international derzeit noch einen hervorragenden Ruf. Dies liegt daran, dass deutsche Forschende in der Vergangenheit und bis heute wesentlich zur Verbesserung des Verständnisses der Bedeutung von Strahlung für den Menschen beitragen konnten und in verschiedensten internationalen Gremien maßgeblich an der Umsetzung dieses Wissens zur Weiterentwicklung des internationalen Strahlenschutzes mitarbeiteten. Der Erhalt und der Ausbau von Kompetenz in der Strahlenforschung ist unerlässlich, damit auch in Zukunft eine deutsche Beteiligung an Diskussionen zur Weiterentwicklung des Strahlenschutzes in internationalen Gremien sichergestellt werden kann.