Risiken des Einsatzes von Fern-UVC-Strahlung zur Desinfektion in Anwesenheit von Menschen

Risiken beim Einsatz von Fern-UVC-Strahlung im öffentlichen Raum

Warum hat sich die SSK mit dem Thema befasst?

Ultraviolette (UV)-Strahlung eignet sich zur Desinfektion von Wasser, Raumluft oder Ober­flächen. Die Desinfektion erfolgte bisher meist in geschlossenen Systemen oder mit abgeschirmten UV-Strahlungsquellen. Die etwaige Ex­position von Beschäftigten ist hierbei durch Arbeitsschutzregelungen, die auch Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen vorsehen, begrenzt.

Es wird diskutiert, sogenannte Fern-UVC-Strahlung, die nur geringfügig in Auge und Haut eindringt, auch mit offen strahlenden Systemen im öffentlichen Raum zur Desinfektion einzusetzen. Außerdem wird über eine Lockerung der Grenzwerte für Fern-UVC-Strahlung diskutiert. Es war zu untersuchen, ob eine Gesund­heits­gefährdung der Öffentlichkeit und besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen dabei ausgeschlossen werden kann.

 Welche Fragen werden behandelt?

  • Welche Risiken bestehen beim offenen Einsatz von Fern-UVC-Strahlung im öffentlichen Raum?
  • Reicht die aktuelle Datenlage aus, um das Risiko zu bewerten?
  • Welche Maßnahmen werden zum Schutz der Bevölkerung und besonders gefährdeter Gruppen empfohlen?

 Was sind die Kernaussagen der SSK zu diesem Thema?

  • Die SSK hält die derzeitige Datenlage für nicht ausreichend, um Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung durch den Einsatz von Fern-UVC-Strahlung (Spektralbereich 200 nm bis 240 nm) im öffent­lichen Raum ausschließen zu können.
  • Der Einsatz von Fern-UVC-Strahlung sollte durch eine Rechtsnorm geregelt werden, um eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung abzuwenden. Der Schutz der Bevöl­kerung auf dem Niveau der bestehenden Arbeitsschutzregelungen ist anzustreben.
  • Besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen sind vor dem Einsatz von Fern-UVC-Strahlung speziell zu schützen.
  • Im medizinischen Bereich ist der Einsatz von Fern-UVC-Strahlung, z. B. zur prophylaktischen Desinfektion vertret­bar, sofern sie nach vorhergehender Abwägung von Nutzen und Risiken erfolgt. Es handelt sich hierbei nämlich um eine kontrollierte, vorübergehende Bestrahlung.

Abstract

UVC-Strahlung ist in der Lage, krankheitserregende Mikroorganismen und Viren abzutöten oder zu inaktivieren. Mit einer Wellenlänge von 254 nm wird sie daher seit Jahrzehnten in geschlossenen Systemen oder mit abgeschirmten Strahlungsquellen zur Desinfektion von Wasser, Raumluft oder festen Oberflächen eingesetzt. Diese Strahlung kann sowohl akute als auch langfristige Schädigungen der Augen und der Haut beim Menschen verursachen. Um eine unbeabsichtigte Exposition von Personen zu vermeiden, wur­den daher bislang ent­spre­chen­de Vorkehrungen getroffen.

Im beruflichen Kontext sind, wenn eine Exposition nicht ausgeschlossen werden kann, Expo­sitions­grenzwerte einzuhalten, die auf Empfehlungen der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) be­ruhen. Individuell angepasste Schutz­maß­nahmen sind darüber hinaus für Beschäftigte vorgesehen, wenn sie vulnerablen Gruppen angehören, die besonders empfindlich gegenüber UV-Strahlung sind. Lediglich die Einhaltung der Expo­sitionsgrenzwerte reicht für diese Beschäftigten dann nicht in jedem Fall aus.

Seit einigen Jahren wird der Einsatz von sogenannter Fern-UVC-Strahlung zur Desinfektion durch nicht abgeschirmte, offene Strahlungsquellen in Anwesenheit von Men­schen, z. B. im öffentlichen Raum, diskutiert. Fern-UVC-Strahlung umfasst den Spektralbereich von 200 nm bis 240 nm, eingesetzt wird meist die Wellenlänge von 222 nm.

Aufgrund sehr geringer Eindringtiefe der Fern-UVC-Strahlung in Auge und Haut im Gegensatz zur UVC-Strahlung bei 254 nm wird häufig argumentiert, dass keine akuten und langfristigen gesundheitlichen Folgen für Menschen zu erwarten sind. Möglicherweise vulnerable Gruppen fanden in der Diskussion bisher keine Berücksichtigung. Zu ihnen gehören Kinder, ältere Menschen mit einer dünneren Haut oder Menschen mit Haut- und Augenerkrankungen. Eine Lockerung der UVC-Expositionsgrenzwerte wird derzeit auf internationaler Ebene diskutiert.

Vor diesem Hintergrund wurde die Strahlenschutzkommission (SSK) beauftragt, zu den Risi­ken des Einsatzes von Fern-UVC-Strahlung zur Desinfektion in Anwesenheit von Menschen, auch unter Berücksichtigung vulnerabler Gruppen, Stellung zu nehmen.

In Anbetracht der potenziell schädigenden photobiologischen Wirkungen von UVC-Strahlung hält die SSK die derzeitige Datenlage für nicht ausreichend, um Gesundheitsrisiken durch den Einsatz von Fern-UVC-Strahlung (zur Desinfektion in Anwesenheit von Menschen im öffent­lichen Raum) für die Bevölkerung ausschließen zu können.

Die SSK empfiehlt daher, den Einsatz von Fern-UVC-Strahlung durch eine Rechtsnorm zu regeln, um eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung abzuwenden. Zumindest empfiehlt die SSK, den Schutz der Bevöl­kerung auf dem Niveau der bestehenden Arbeitsschutzregelungen anzustreben, die auf den empfohlenen Expositionsgrenzwerten der ICNIRP basieren. Darüber hinaus hält die SSK es für erforderlich, vulnerable Gruppen vor dem Einsatz von Fern-UVC-Strahlung besonders zu schützen. Im medi­zinischen Bereich betrachtet die SSK den kontrollierten, vorübergehenden Einsatz von Fern-UVC-Strahlung, z. B. zur prophylaktischen Desinfektion, aus Strahlenschutz­gesichts­punkten als vertret­bar, sofern er nach vorhergehender Abwägung von Nutzen und Risiken erfolgt.

Publikation zitieren

SSK 2023 Strahlenschutzkommission (SSK). Risiken des Einsatzes von Fern-UVC-Strahlung zur Desinfektion in Anwesenheit von Menschen. Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 329. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 7./8. Dezember 2023. https://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse/DE/2023/2023-12-08_Empf_Fern-UVC-Strlg_Desinfek.html