Schutzstrategien bei Nuklearwaffeneinsatz
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 334. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 10.10.2024
Information
Gibt es Informationen und Schutzkonzepte zu Nuklearwaffenexplosionen?
Warum hat sich die SSK mit dem Thema befasst?
Durch den Krieg auf dem Staatsgebiet der Ukraine ist die Gefahr eines Kernwaffeneinsatzes in Europa gestiegen. Das BMUV hat die SSK um Bewertung gebeten, inwieweit durch vorgesehene radiologische Schutzmaßnahmen die Bevölkerung und Einsatzkräfte auch im Falle eines Nuklearschlags angemessen geschützt seien bzw. welche zusätzlichen Maßnahmen zu ergreifen wären.
Welche Fragen werden behandelt?
- Welche ergänzenden vorbereitenden Maßnahmen empfiehlt die SSK insbesondere Ministerien, Behörden, Krankenhäusern, der Bevölkerung?
- Welche Schutzmaßnahmen empfiehlt die SSK der Bevölkerung bei und nach einem Kernwaffeneinsatz?
Was sind die Kernaussagen der SSK zu diesem Thema?
Zur Vorbereitung auf radiologische Notfälle wurde im November 2023 der Allgemeine Notfallplan des Bundes (ANoPl-Bund) erlassen. Zusätzlich empfiehlt die SSK die folgenden
- vorbereitenden Maßnahmen im Rahmen der Sicherheitsvorsorge:
- Überprüfung und ggf. Optimierung von Kommunikation und Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen.
- Erarbeitung eines Risikokommunikationskonzeptes und Erstellung einer Informationsplattform zu allen Aspekten eines nuklearen Angriffs.
- Evaluierung und ggf. Ertüchtigung von Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung, unter besonderer Berücksichtigung „schützender Räume “ im öffentlichen Bereich.
- Erarbeitung von Schutzkonzepten für besonders vulnerable Gruppen wie z. B. in Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten.
- Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung:
- Durch geeignete Deckung kann man sich während der Explosion vor herumfliegenden Trümmern und der Hitzestrahlung wirkungsvoll schützen. Die anfänglich wichtigste Schutzmaßnahem ist das spontane Schutzsuchen beispielsweise hinter Wänden oder Erdhügeln als Schutzbarrieren und das Bedecken unbedeckter Körperteile.
- Der Aufenthalt in schützenden Räumen (wie z. B. Keller, Tiefgarage) bietet den besten Schutz in den ersten 24 bis 48 Stunden danach. Das gilt für den Nahbereich der Explosion und in potenziell von Fallout betroffenen Gebieten
Abstract
Die Gefährdung durch Kernwaffen war seit Anfang der 90er Jahre in Westeuropa, insbesondere in Deutschland, sowohl in Politik und Gesellschaft als auch in der Wissenschaft weniger im Bewusstsein. Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Sicherheitsvorsorge massiv reduziert. In der Bevölkerung und öffentlichen Stellen ist seither Wissen über Kernwaffen und mögliche Schutzmaßnahmen verloren gegangen.
Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist die Bedrohung durch den Einsatz von Kernwaffen auch in Deutschland wieder mehr in den Vordergrund gerückt. Die Notwendigkeit, die eigene Gefahreneinschätzung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, wurde im März 2022 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zum Anlass genommen, die Strahlenschutzkommission (SSK) mit der Bewertung zu beauftragen, inwiefern die verschiedenen für radiologische Notfälle vorgeplanten Schutzmaßnahmen auch im Falle eines Nuklearschlags grundsätzlich effektiv und aus radiologischer Sicht angemessen sein können und welche besonderen Anforderungen bei der Durchführung dieser Maßnahmen zu beachten wären. Die hier vorliegende Empfehlung zielt auf eine angemessene Verbesserung der aktuellen Vorbereitung in Deutschland. Es wurde versucht, im Sinne von Optimierung, unrealistische Maximalforderungen zu vermeiden.
Die empfohlenen Maßnahmen haben zum Ziel, im Falle einer Kernwaffenexplosion möglichst vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Schutz zum bestmöglichen Erhalt der Gesundheit zu ermöglichen. Dazu gehört auch das Ziel, Expositionen durch ionisierende Strahlen zu minimieren.
Es gilt der Grundsatz des Katastrophenschutzes, dass eine gute Planung und Vorbereitung im Ereignisfall viele Leben retten und Gesundheitsschäden mindern kann.
In zwei vorhergehenden Empfehlungen zum Thema „Schutzstrategien bei Nuklearwaffeneinsatz“ hatte sich die SSK in den Jahren 2022 und 2023 bereits mit einzelnen Schutzmaßnahmen befasst.