Heft 37: Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung bei kerntechnischen Notfällen
Redaktion: Simone Schmid, Bonn und Horst Schnadt (TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg e.V.), Köln
2004, 154 Seiten, 59 Abbildungen, 45 Tabellen
ISBN 3-437-22178-7, 19,75 €
Dieses Heft ersetzt im Zusammenhang mit Heft 38 dieser Veröffentlichungsreihe den Band 13 der Veröffentlichungsreihe "Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission"
Abstract
Dieser Leitfaden ist ein Hilfsmittel für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung. Der Fachberater Strahlenschutz ist bei kerntechnischen Notfällen Ansprechpartner für alle Fragen der ‚Radiologischen Lage'. Der Leitfaden soll dem Fachberater helfen, Fachkunde zu erwerben und zu erhalten, seine Aufgaben bei einem kerntechnischen Notfall zu lösen, sein Wissen um die Grundlagen und Zusammenhänge anhand von Beispielen an lernende Kollegen weiterzugeben sowie Übungen zu entwerfen und durchzuführen. Er kann auch als Grundlage für Rechenprogramme zur Unterstützung des Fachberaters herangezogen werden. Obwohl sich an dieser Zielsetzung seit der ersten Auflage nichts geändert hat, und damit der Inhalt und die Gliederung des Leitfadens im wesentlichen beibehalten werden konnten, war aus einer ganzen Reihe von Gründen eine umfassende Überarbeitung notwendig. Die Überarbeitung des Leitfadens wurde von einer Arbeitsgruppe des Ausschusses "Notfallschutz" der SSK vorbereitet.
Wesentliche Änderungen für den Gebrauch des Leitfadens ergaben sich aus der Anpassung an die Parameterisierung des deutsch-französischen Modells der atmosphärischen Ausbreitung von Radionukliden und der damit verbundenen Einführung von zeitabhängigen Ausbreitungsfaktoren sowie der verringerten Anzahl der Diffusionskategorien von sechs auf drei.
Da in Deutschland seit 1989 keine neuen Kernkraftwerke in Betrieb genommen wurden und in mehreren Anlagen MOX-Brennelemente im Einsatz sind, war es angezeigt, bei den Inventarrechnungen den Erstkern mit reinen Uranelementen durch einen nachgeladenen Kern mit MOX-Elementen zu ersetzen.
Außerdem wurde davon ausgegangen, dass ein mit dem Leitfaden arbeitender Fachberater unter dem Zeitdruck eines kerntechnischen Notfalls wichtigere Aufgaben zu lösen hat als marginale Dosisbeiträge mit Hilfe einer langen Liste von Radionukliden zu ermitteln. Die neue, auf 21 Radionuklide reduzierte Liste genügt dem Kriterium, dass bei jedem einzelnen Expositionspfad der Fehler der Dosis aufgrund der nicht berücksichtigten Radionuklide kleiner als 10%, über alle Expositionspfade jedoch noch wesentlich geringer ist. Angesichts der anderen Unsicherheiten, z.B. bei der Bestimmung des Quellterms, ist dieser Fehler zu vernachlässigen.
Für spezielle Fragestellungen, die eine erweiterte Nuklidliste und spezielle Abbrandzustände erfordern, sind die entsprechenden Daten aufgeführt.
Harmonisierungsbedarf ergab sich u. a. aus den Neufassungen der "Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden" und der "Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen" sowie aufgrund neuerer Sicherheitsanalysen für deutsche Kernkraftwerke und der Veröffentlichung neuer Dosiskoeffizienten.
Weitere Änderungen gegenüber früheren Auflagen betreffen schließlich die Berechnung der Gamma-Submersion - nun mit dem Halbraummodell -, den Wegfall der Schemata für die Dosisberechnung im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeit einfacher Formeln sowie den Wegfall der Nomogramme. Um ein rasches Auffinden zu ermöglichen, sind die eben genannten einfachen Formeln sowie neu aufgenommene Orientierungswerte zur schnellen Dosisabschätzung auf den Umschlagseiten des Leitfadens angegeben.
Wie in den vorangegangenen Auflagen gibt es zur räumlichen Darstellung von Ergebnissen von Ausbreitungsrechnungen Isoplethen (Linien gleicher Konzentration), die für diesen Band mit dem deutsch-französischen Ausbreitungsmodell berechnet wurden.
Im Hinblick auf die tiefgreifenden Änderungen wird dringend empfohlen, alle Fachberater zu schulen, auch wenn sie im Umgang mit früheren Auflagen des Leitfadens sehr erfahren sind.
In diese Schulungen sollte auch die Behandlung der Krisen- und Risiko-Kommunikationsstrategien einbezogen werden, weil alle Erfahrungen gezeigt haben, dass Aktivitätsfreisetzungen zu großer Beunruhigung führen und höchstes öffentliches Interesse weit über den betroffenen Bereich hinaus finden. Hierbei sind Fälle zu behandeln und zu üben, in denen z.B. bei Ungewissheit über den weiteren Anlagenzustand (Quellterm) oder bei fehlenden bzw. widersprüchlichen Messungen dennoch über konkrete Maßnahmen und deren regionale Anwendung diskutiert und entschieden werden muss.
Der Leitfaden wurde von der SSK in der 182. Sitzung am 4.-6. Dezember 2002 verabschiedet.